Der Heilige Geist oder „Heiliger Geist“?


Der Heilige Geist oder „Heiliger Geist“? Die meisten Bibelleser mögen denken oder sagen: „Was soll diese spitzfindige Haarspalterei?“ Bei genauerem Zusehen dürfte es etwas anders aussehen! Die sorgfältige Unterscheidung von „der Heilige Geist“ und „Heiliger Geist“ wird in zahlreichen Übersetzungen oder Übertragungen völlig verwischt, um vielleicht ein besseres Deutsch anzuwenden, was aber einem tief eingebürgerten Irrtum von Pfingstgemeinden und Leuten, die damit sympathisieren, Vorschub geleistet hat und noch leisten kann. In diesen Kreisen ist immer wieder von der Fülle des Geistes oder von der Geistesfülle die Rede, ohne aber darauf zu achten, wie es nach der Schrift aufzufassen und anzuwenden ist. Was hiermit vor allem zusammenhängt, ist die Erwähnung der Geistestaufe, was auch nur auf einem ungenauen Bibellesen beruht. Die Geistestaufe wird aus den paulinischen Worten gefolgert: „Denn auch in einem Geiste wurden wir alle zu einem Leibe getauft, wir seien Juden oder Griechen, wir seien Sklaven oder Freie, und alle wurden wir zu Einem Geiste getränkt“ (1. Korinther 12,13). Wenn sorgfältig gelesen wird, handelt es sich um die Bestimmung: „In einem Geiste, zu einem Leibe und zu einem Geiste.“ Bei der Stelle des 1. Korintherbriefes ist der so genannte Aorist und das Fehlen des Artikels zu beachten. Der Apostel weist auf eine einstmalige Handlung hin, die sich noch immer wiederholt. Paulus erinnert demnach nur an die Taufe, mit welcher er den Empfang des Heiligen Geistes vergleicht. Das Fehlen des Artikels ist auch von Wichtigkeit, nämlich, dass nicht von der unbegrenzten Fülle des Geistes die Rede ist. Das gleiche sagt Johannes der Täufer: „Er wird euch taufen in Heiligem Geist und Feuer“ (Matthäus 3,11). Der Täufer spricht auch von keiner Geistestaufe, die dem Einzelnen eine vollkommene Fülle des Geistes vermittelt.

Es sind im Neuen Testament mehr als 100 Stellen, in welchen „to pneuma“ (der Geist), aber über 300, wo einfach „pneuma“ (Geist) steht. Dieser kleine Unterschied ist nicht unbedeutend. Überall, wo „to pneuma“ steht, handelt es sich um die vollkommene Fülle des Geistes, wo aber „pneuma“ vorkommt, ist die Gabe oder ein Teil des Geistes gemeint, das gläubigen Menschen zugeteilt wird.

1.) Zunächst möge auf eine Anzahl von Schriftstellen geachtet werden, in denen nach „to pneuma to hagion“ (der Heilige Geist) vom Heiligen Geist in ganzer Fülle die Rede ist. Es wird von Jesus berichtet: „Denn welchen Gott gesandt hat, er redet die Aussprüche Gottes, denn nicht gibt Er den Geist nach Maß“ (Johannes 3,34). Damit ist die vollkommene Geistesfülle Christi erwiesen, die aber kein Sterblicher besitzt. Der Heilige Geist kam in ganzer Fülle auf Ihn herab, als Er von Johannes getauft wurde: „… und er sah den Geist Gottes herabkommend wie eine Taube, auf ihn kommend“ (Matthäus 3,16; Markus 1,10; Lukas 3,22; Johannes 1,32.33). Alle vier Parallelen in den Evangelien haben sorgfältig „to pneuma“. Es erfüllte sich die messianische Verheißung an Jesus: „Ich lege meinen Geist auf ihn“ (vgl. Jesaja 42,1-4; Matthäus 12,18). Vor allem wurde auch die Weissagung Jesajas von dem vollkommenen Besitz des Geistes erfüllt, der Sich auf den Messias niederlassen werde: „Und es senkt sich auf ihn nieder der Geist Jahwes, der Geist der Weisheit, und des Verstandes, der Geist des Rates und der Kraft, der Geist der Erkenntnis und der Furcht Jahwes“ (Jesaja 11,2). Mit dieser vollkommenen Geistesfülle erscheint der Herr auch in der Offenbarung, wo die sieben Geister Gottes erwähnt werden (Offenbarung 1,4; Offenbarung 3,1; Offenbarung 4,5; Offenbarung 5,6). Jesus kehrte um in der Kraft des Geistes nach Galiläa (Lukas 4,14). Auf Ihn war der Geist Jahwes, der Ihn gesalbt hatte, als Er in der Synagoge in Kapernaum predigte (Lukas 4,18). Es wird in der Schrift „der Geist Jesu“ (Apostelgeschichte 16,7), „der Geist Christi“ (1. Petrus 1,11), „der Geist seines Sohnes“ (Galater 4,6) erwähnt, womit auch die Fülle des Geistes betont wird, die der Herr besitzt.

a.) Es ist an zahlreichen Stellen „der Geist“ oder „der Heilige Geist“ genannt, in welchen von Seinem Wirken oder Seiner Tätigkeit berichtet wird. Ein vollmächtiges Schaffen geht von dem Geiste Gottes aus, weil Er vollkommen ist. Jesus wurde von dem Geiste in die Wüste geführt (Matthäus 4,1), oder geworfen (Markus 1,12). Lukas berichtet: „Er wurde in dem Geist in die Wüste geführt, dass heißt in der Vollmacht des Geistes (Lukas 4,1). Wenn sich die Jünger des Herrn vor Gericht verantworten müssen, sind nicht sie, die dann reden, sondern der Geist ihres Vaters (Matthäus 10,20). Jesus erklärt vom Wirken des Geistes: „Das aus dem Geist Geborene ist Geist … Der Geist weht wo Er will“ (Johannes 3,6.8). „Der Geist macht lebendig“ (Johannes 6,63). Besonders viel berichtet die Apostelgeschichte von der Tätigkeit des Heiligen Geistes. Aus diesem Grunde nannten alte Ausleger dieses biblische Buch: „Das Evangelium des Heiligen Geistes.“ Der Selbstmord des Judas ist von dem Heiligen Geist durch den Mund Davids vorausgesagt worden (Apostelgeschichte 1,16). Die Apostel redeten, wie der Geist es ihnen gab auszusprechen (Apostelgeschichte 2,4). Jesus hat den Heiligen Geist empfangen (Apostelgeschichte 2,33). Der Heilige Geist kam oder fiel sonst nie auf einen einzelnen Menschen, sondern auf eine versammelte Gemeinde (Apostelgeschichte 10,44.47; Apostelgeschichte 19,6). Der Heilige Geist sprach zu Philippus (Apostelgeschichte 8,29), zu Petrus (Apostelgeschichte 11,12), zu Agabus (Apostelgeschichte 11,28; Apostelgeschichte 21,11) und durch die Propheten (Apostelgeschichte 28,25), Er sandte in Antiochien Seine Boten aus (Apostelgeschichte 13,1), Er verhielt sich wohlwollend (Apostelgeschichte 15,28), Er hielt auch zurück (Apostelgeschichte 16,6). Der Heilige Geist hat Aufseher eingesetzt (Apostelgeschichte 20,28). Diese kurze Übersicht vom Wirken des Heiligen Geistes nach den Berichten der Apostelgeschichte enthüllt die vollkommene Vollmacht.

Der Geist hat Christum aus den Toten auferweckt (Römer 8,11). Der Geist bezeugt mit unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind (Römer 8,16). Der Geist nimmt Sich unserer Schwachheiten an, Er vertritt uns mit unausgesprochenen Seufzern, wenn wir nicht wissen, was wir beten sollen (Römer 8,26). Der Geist erforscht die Tiefen Gottes (1. Korinther 2,10.11). Der Geist wohnt in uns (1. Korinther 3,16; 1. Korinther 6,19), zu beachten ist „in uns“, in einer Anzahl von Gläubigen. Der Geist, der allen Leben und Gaben austeilt, ist derselbe (1. Korinther 12,4.8.9.11). Der Geist ist gegen das Fleisch (Galater 5,17). In den sieben Sendschreiben der Offenbarung heißt es ausdrücklich: „Wer ein Ohr hat, höre, was der Geist den Gemeinden sagt“ (Offenbarung 2 - 3). Am Schluss der Offenbarung ist zu lesen: „Der Geist und die Braut sprechen“ (Offenbarung 22,17). Es sei noch an Hebräer 10,15 erinnert: „Es bezeugt uns aber auch der Heilige Geist“, oder: „Es sagt der Heilige Geist“ (Hebräer 3,7).

b.) In verschiedenen Appositionen, durch welche auch die ganze Fülle des Geistes ausgesprochen wird, steht auch ständig „to pneuma“ (der Geist). So heißt es: „Der Geist Gottes (Matthäus 3,16; 1. Korinther 2,11.14), der Geist des Vaters (Matthäus 10,20), der Geist des Herrn (Apostelgeschichte 5,9), die Gemeinschaft des Heiligen Geistes (2. Korinther 13,13), der Geist der Wahrheit (Johannes 14,17; Johannes 15,26; Johannes 16,13; 1. Johannes 4,6), der Geist der Weissagung (Offenbarung 19,10), das Angeld des Geistes (2. Korinther 1,22; 2. Korinther 5,5), die Frucht des Geistes (Galater 5,22), der Geist der heiligen Verheißung (Epheser 1,13), die Einheit des Geistes (Epheser 4,3), das Schwert des Geistes (Epheser 6,17), der Geist Seines Mundes (2. Thessalonicher 2,8), der Geist der Kraft, der Liebe, der Besonnenheit (2. Timotheus 1,7), der Geist der Gnade (Hebräer 10,29), derselbe Geist des Glaubens“ (2. Korinther 4,13). Diese Namen können in den einzelnen Abschnitten nachgeforscht werden.

c.) Einige Stellen der Schrift, in welchen die Fülle des Geistes betont wird, reden in dieser Verbindung von der verantwortungsvollen Haltung des Menschen dem Geiste Gottes gegenüber. Jesus preist die Bettler am Geist selig (Matthäus 5,3). Er rügt die Lästerung des Geistes (Matthäus 12,31) oder das Widersprechen dem Geiste gegenüber (Matthäus 12,33; Lukas 12,10). Ananias hatte den Heiligen Geist belogen (Apostelgeschichte 5,3), er war sich mit seinem Weibe einig, den Geist des Herrn zu versuchen (Apostelgeschichte 5,9). Stephanus klagt seine Zuhörer an, dass sie dem Heiligen Geist widerstritten haben (Apostelgeschichte 7,51). Der Heilige Geist Gottes darf nicht betrübt werden (Epheser 4,30). Der Geist soll nicht ausgelöscht werden (1. Thessalonicher 5,19).

2.) Auszugsweise mögen Stellen als Beispiele angeführt und kurz erläutert werden, in denen nur „pneuma“ (Geist) steht, die also nichts von der vollkommenen Geistesfülle erwähnen. Der Engel sprach zu Zacharias von Johannes dem Täufer: „Er wird mit Heiligem Geist erfüllt sein“ (Lukas 1,15). Zu Maria sagte der Engel: „Heiliger Geist wird auf dich herabkommen“ (Lukas 1,35). Von Elisabeth heißt es: „Und Elisabeth ward erfüllt von Heiligem Geist“ (Lukas 1,41), ebenso wieder von Zacharias: „Sein Vater ward erfüllt von Heiligem Geist“ (Lukas 1,67). So sind auch Stellen in der Apostelgeschichte, die manche Pfingstler gerne für ihre Ansicht geltend machen. Ausgesprochen heißt es von der Geistesausgießung am Pfingsttage: „Und sie wurden alle erfüllt mit Heiligem Geist“ (Apostelgeschichte 2,4). In der von Joel zitierten Weissagung lautet es sehr vorsichtig: „… Ich werde ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch … Ich werde in jenen Tagen ausgießen von meinem Geist“ (Apostelgeschichte 2,17.18). Von Petrus wird berichtet, er war „erfüllt von Heiligem Geist“ (Apostelgeschichte 4,8). Von der versammelten Gemeinde wird gesagt: „Und sie wurden alle erfüllt von Heiligem Geist“ (Apostelgeschichte 4,31). Für das Diakonenamt sollten solche Männer ausgewählt werden, die „voll Heiligen Geistes und Weisheit“ waren (Apostelgeschichte 6,3). Stephanus war ein Mann „voll Glaubens und Heiligen Geistes“ (Apostelgeschichte 6,5). Stephanus blickte zum Himmel hinauf „voll Heiligen Geistes“ (Apostelgeschichte 7,55). Paulus wurde „erfüllt mit Heiligem Geist“ (Apostelgeschichte 9,17). Barnabas hatte das Zeugnis, dass er ein trefflicher Mann war und „voll Heiligen Geistes und Glaubens“ (Apostelgeschichte 13,9). Stellen, die von Pfingstlern für ihre Ansicht von der Geistesfülle geltend gemacht werden, haben ausgesprochen „Geist“ ohne Artikel.

Interessant ist das Beispiel von Simeon. „Heiliger Geist war auf ihm“ (Lukas 2,25). Von dem Heiligen Geist war ihm Bescheid gegeben. In dem Geiste kam er in den Tempel (Lukas 2,26.27). Die Unterschiede sind sorgfältig zu beachten. Durch die Vollmacht des Geistes kam Simeon in den Tempel, der ihm die Anweisung dazu gab. Er war mit dem Geiste begabt, aber wie jeder Sterbliche nur stückweise. Einen ähnlichen Wechsel zeigt die Apostelgeschichte an einigen Beispielen. Petrus und Johannes wurden nach Samaria gebeten, sie beteten ihretwegen, „auf das sie Heiligen Geist empfangen möchten“ (Apostelgeschichte 8,15). Durch ihre Handauflegung empfingen sie Heiligen Geist (Apostelgeschichte 8,17). Simon sah auf seine Art, dass durch ihre Handauflegung „der Heilige Geist gegeben werde“ (Apostelgeschichte 8,18). Simon aber bat, als korrigierte er sich selbst: „Gebet auch mir diese Gewalt, damit jeder, wem ich immer die Hand auflegen würde, Heiligen Geist empfange“ (Apostelgeschichte 8,20). Paulus fragte die Johannesjünger in Korinth: „Habt ihr Heiligen Geist empfangen, als ihr gläubig wurdet? Sie aber sprachen zu ihm: „Doch, nein, wir haben nicht einmal gehört, ob Heiliger Geist da ist“ (Apostelgeschichte 19,2). Nach der Handauflegung des Apostels Paulus „kam der Heilige Geist auf sie“ (Apostelgeschichte 19,5). Zuerst ist von dem nach Maß zugeteilten Geist die Rede, der aber in der ganzen Fülle auf die getauften Gemeindeglieder kam.

Aus der Fülle der Bibelstellen mögen noch einige Aussprüche angeführt werden, aus denen manche den vollkommenen Geistesbesitz herleiten. Jesus sagt: „Wenn ihr nun, die ihr böse seid, wisst gute Gaben zu geben euren Kindern, wie viel mehr wird der Vater aus dem Himmel Heiligen Geist geben, denen die Ihn bitten!“ (Lukas 11,13). Jesus spricht von Strömen des lebendigen Wassers, die aus Seinem Leibe fließen (Johannes 7,37.38). Wenn diese Stelle richtig übersetzt und erklärt wird, ist einleuchtend, dass die Ströme lebendigen Wassers aus dem Leibe des Herrn fließen. Jesus sagte das von dem Geist, welchen empfangen sollten, die an Ihn Glaubenden. Es wird von ihm begründet: „Denn Heiliger Geist war noch nicht da.“ Paulus ermahnt: „Berauscht euch nicht mit Wein, in welchem Heillosigkeit ist, sondern werdet voll im Geiste“ (Epheser 5,18). Der Heilige Geist teilt nach Seinem Beschluss einem jeden aus. Paulus schreibt: „Alles dieses aber wirkt der eine und derselbe Geist, austeilend einem jeglichen insbesondere so wie er will“ (1. Korinther 11). Einem Jeden sind die Geistesgaben nach dem Maße der Gabe Christi verliehen (Epheser 4,7).

Die hier gebotenen Gegenüberstellungen mögen Klardenkenden zur Genüge zeigen, dass es mit den Vorstellungen der Pfingstler und ähnlicher Typen nach der Schrift nicht ernst zu nehmen ist. Die meisten Leute dieser Art werden erregt, wenn diese Genauigkeiten ihnen in der Bibel entgegengehalten werden, weil sie dieselben nicht verstehen. Auf Kosten der Richtigkeit kann keine Volkstümlichkeit gepflegt werden. Es ist für den einfachen Bibelleser gewiss nicht so leicht, sich in diese Gedanken hineinzudenken, aber ein wenig Denkarbeit in diesem Stücke ist doch zu wünschen! Für das Verständnis des Heiligen Geistes war diese Zusammenstellung notwendig.

Abraham Meister "Namen des Ewigen"

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