Christus

Christus ist die griechische Übersetzung des hebräischen „hammaschiach“ - der Messias oder „der Gesalbte“ (vgl. Johannes 1,41; Johannes 4,25). Ein sinnvolles Wortspiel mit diesem Namen sind die Worte in 2. Korinther 1,21: „Der uns aber mit euch befestigt in Christum und uns gesalbt hat, ist Gott.“ Gesalbte wurden mit dem heiligen Öl gesalbt. Im Alten Bunde empfingen Hohepriester (4. Mose 35,25), Könige (1. Samuel 15,1; 2. Samuel 3,39) und Propheten (1. Könige 19,16) die Salbung. Der Hohepriester, der gesalbt wurde, heißt nach der LXX „ho archiereus ho kechrismenos“ (3. Mose 4,3) und „ho hiereus ho christos“ (3. Mose 4,5). Vorwiegend wird im Alten Testament der König als „ho christos“ bezeichnet. Ein König war meistens ein „messchiach Jahwe“ oder ein „Gesalbter Jahwes“ (vgl. 1. Samuel 2,10.35; 1. Samuel 12,3.5; Psalm 2,2; Psalm 20,7). Der Gesalbte gehört zum engeren Kreis der Diener Gottes, die den göttlichen Heilsrat vollenden. Christus ist nach Daniel 9,25 und Psalm 2,2 der erwartete Heiland, der verheißene König und Retter Seines Volkes (vgl. Jesaja 11,1-5). Er heißt auch „Maschiach ben David“ - Messias, Sohn Davids. Der Königsgedanke kommt mit der Messianität in einigen neutestamentlichen Stellen (Lukas 2,11; Lukas 23,2.37.39; Apostelgeschichte 2,36; Markus 15,32; Apostelgeschichte 4,26) deutlich zur Geltung. Die älteste Bezeichnung eines heilbringenden messianischen Königs findet sich in den Psalmen Salomos durch den Ausspruch: „Alle Heiligen und ihr König, Christus der Herr“ (Psalm 17,36). Der Königstitel bezieht sich immer auf das Verhältnis des Herrschers zum Volke im Herrschaftsgebiete; der Messias- oder Christustitel ist auf die göttliche Einrichtung und Ausrüstung zurückzuführen, dass die Verheißung Gottes mit solchem Helfer in Verbindung steht. Der messianische Würdentitel enthält einen Hinweis auf das Königreich Gottes in welchem der göttliche Heilsrat Wirklichkeit wird.

I.

Der Name „Christus“ oder „der Christus“ kommt mehr als 400-mal im Neuen Testament vor. Es ist mehrfach gefragt worden, ob Christus als Würdename oder als Eigenname verwendet wird. Nach einer Ansicht soll Christus nirgends ein Eigenname sein, weil nur 60 Stellen bei diesem Namen den Artikel bei sich haben. Der semitische Sprachgebrauch kann hier nicht zur Erklärung dienen. Das artikellose „maschiach“ im „Babylonischen Talmud“ hat die Bedeutung eines Eigennamens. Das aramäische „maschicha“ - der Messias hat den neutestamentlichen Sprachgebrauch kaum beeinflusst. Die Bedeutung des Namens ist aus dem Neuen Testament selbst zu ermitteln. Aus der Wirksamkeit und den Zeugnissen Jesu geht hervor, dass Er beanspruchte, der Messias zu sein. Sein Tun und Sein Anspruch weisen auf die Zukunft. Seitdem die Erlösung durch den Auferstandenen und gen Himmel Gefahrenen vollendet wurde, war die Urgemeinde davon überzeugt, dass Jesus der Inhaber der messianischen Machtfülle ist. Die Krafterweisung des Messias, die in Jesus wirksam wurde, tritt in der Verkündigung in den Vordergrund. Hier liegt die Ursache für die vorwiegende Nennung des Christusnamens. Der Name „Christus“ wird sogar genannt, wenn von der irdischen Wirksamkeit Jesu die Rede ist. Die Vorstellungen vom Messias fließen fast überall mit der historischen Erscheinung Jesu zusammen.

1.) Die eigentümliche Anwendung des Christusnamens ist noch genauer zu erwägen. Christi Wesen und Art soll von den Gläubigen angenommen und zu ihrem Lebensprinzip werden. Die Gläubigen sind beschnitten worden mit der Beschneidung Christi (Kolosser 2,11), mit Christo gekreuzigt (Galater 2,19; vgl. Römer 6,6), mit Christo gestorben (Kolosser 2,20; Römer 6,8), mit Ihm begraben (Römer 6,4; Kolosser 2,12), mit Christo zusammengewachsen (Römer 6,5), sie leben mit Ihm (Römer 6,8), sie sind mit Christo lebendig gemacht (Epheser 2,5), mit Ihm auferweckt (Kolosser 3,1), miterweckt und mitversetzt unter die Himmlischen (Epheser 2,6). Christus bildet hiernach eine Lebenseinheit mit den Gläubigen, sie leben in Seinem Sinn. Sein Denken und Wollen ist in ihnen (vgl. Galater 2,20; Epheser 3,17; Galater 4,19), sie ziehen Christum an (vgl. Galater 3,27; Römer 13,14), sie werden ein von Christus erfüllter Wohlgeruch (2. Korinther 2,15).

Wenn es sich an diesen Stellen auch um ein ethisches Verhalten der Gläubigen handelt, so ist es doch entscheidend, dass Christus Urbild und Norm ist, dass die Gläubigen das Abbild und die individuelle Nachbildung sind. Das frühere Leben des Apostels sank angesichts der Person Jesu in den Staub; die überragende Erkenntnis Christi Jesu, seines Herrn hat ihn gelehrt, alle früheren Lebensgüter und Ziele für Schaden zu achten (Philipper 3,7-8). Darin liegt eingeschlossen, dass Paulus Christi Art und Wesen nachbildete, und was Jesus als Herr an ihm wirksam machen konnte. Weil in Christo alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis beschlossen sind, braucht jemand nur ernstlich auf Ihn hinzuschauen, um für sich die Summe aller Weisheit und Erkenntnis zu erlangen (Kolosser 2,3). Christus ist die Norm, nach welcher alles gemessen werden kann (Kolosser 2,8). Wo Er im Menschen eingeht, gewinnt der Friede die Herrschaft (Kolosser 3,15). Die Liebe, welche alle Unterschiede und Schranken überwindet, heißt Liebe Christi (Epheser 3,19). Christus ist das Leben der Gläubigen (Kolosser 3,4; Galater 2,20; Philipper 1,21). Er wirkt in ihnen (Kolosser 3,17); Christi Sinn (1. Korinther 2,16) und Wahrheit (2. Korinther 11,10) ist in ihnen. Christus redet in ihnen (2. Korinther 13,3). Zur Erläuterung dieser Heilswahrheiten ist noch die Wendung „in Christo“ in einem späteren Zusammenhang zu beachten. Christus ist das allesbeherrschende Lebensprinzip. Daraus ist der eigenartige Gedanke entstanden, dass Christus ein Organismus oder einen Leib bildet, welchem die Gläubigen als Glieder angehören (vgl. 1. Korinther 6,15; 1. Korinther 12,12.27; Römer 12,5; Epheser 5,30). Christus ist dazu bestimmt, alles harmonisch zu durchdringen (Kolosser 3,11). Die Gemeinde wird zum Vollmaß der Fülle Christi gestaltet (Epheser 4,12.13). Er waltet als Haupt über Seine Gemeinde (Epheser 4,15; Epheser 1,20; Epheser 5,23.24.32). Der Christusname wird also im Neuen Testament so angewendet, dass das Bild des im Himmel thronenden Herrn mit der Vorstellung des auf Erden in Niedrigkeit wandelnden Jesus verschmolzen wird. Beide Seiten zeigen Ihn in Seiner Heilsbedeutung für uns.

2.) Eine Feierlichkeit kommt durch den Namen „Jesus Christus“ zum Ausdruck. Er dient ganz besonders zur Hervorhebung der messianischen Würde Jesu. Christus ist zu Jesus ein zweiter Name. Mehrfach ist die Redewendung „durch Jesum Christum“ anzutreffen (vgl. Galater 1,1; Römer 1,8; Römer 16,27; Philipper 1,11; Epheser 1,5; Titus 3,6). Dadurch wird Jesu messianische Vermittlung zwischen Gott und Menschen ausgesprochen. Paulus spricht von dem messianischen Heilswerk, das Jesus nach Gottes vorherbestimmtem Rat vollendet hat (vgl. Epheser 1,5; Galater 3,1; 1. Korinther 2,2; 1. Korinther 3,11; Römer 16,25; 2. Timotheus 2,8; Römer 5,15.17). Vielleicht betont der Apostel das Werk Jesu Christi im Gegensatz zu Adam. Jesus ist der zur Vollendung gelangte Messias und ein Gegenstand des Glaubens (vgl. Galater 3,22; Römer 3,22). Er waltet als Herr (1. Korinther 8,6; Philipper 2,11). Er offenbart sich als Messias (Galater 1,12) und verwirklicht die Verheißungen des Alten Bundes (Galater 3,14).

Es ist zu beachten, dass Paulus den Namen „Jesu“ voranstellt in der Wendung: „Jesus Christus in euch“ (2. Korinther 13,5; Philipper 1,11). Die Voranstellung der Messiasbezeichnung könnte zu erwarten sein. Der Apostel stellt stattdessen den Namen „Jesus“ voran, weil die Messiaswürde schon in Seinem Erdenleben beginnt. Was Jesus in Seinem Erdenleben wirkte und ausführte, ist mit dem Zustand Seiner Erhöhung völlig identisch. Einerseits erwartet Paulus eine Hilfe durch den Geist Jesu Christi (Philipper 1,19), andrerseits redet er davon, dass Gott den Geist durch Jesum Christum reichlich ausgegossen hat (Titus 3,6). Beide Male denkt der Apostel an den Geist, der von dem himmlischen Jesus ausgesandt wurde. Die Zusammenstellung der Namen „Jesus“ und „Christus“ drückt aus, dass der erhöhte Christus im Himmel und der erniedrigte Jesus auf Erden identisch sind.

3.) Die Formel „Christus Jesus“ ist speziell paulinisch. Der Doppelname „Jesus Christus“ kommt auch in den übrigen Schriften des Neuen Testamentes vor (vgl. Markus 1,1; Johannes 1,17; Johannes 17,3). Der Hebräerbrief hat diesen Doppelnamen viermal, der 1. Petribrief neunmal, der 2. Petribrief achtmal, der Judasbrief sechsmal und die Offenbarung dreimal Das Lukasevangelium führt den Namen „Jesus Christus“ an keiner Stelle an, die Apostelgeschichte hat ihn dagegen elfmal Die umgekehrte Reihenfolge „Christus Jesus“ ist nur paulinisch. In einigen Stellen der Apostelgeschichte (vgl. Apostelgeschichte 3,20; Apostelgeschichte 17,3; Apostelgeschichte 18,5.28; Apostelgeschichte 5,42) ist das vor Jesus stehende „Christus“ prädiktativ, was einfach bedeutet, sie verkündigten, dass Jesus „der Messias“ ist. Eine paulinische Formel liegt auch in Apostelgeschichte 24,24 nicht vor, denn die Wendung „tes eis Christon soun pisteos“ hat den Sinn des Glaubens an den Messias Jesus. Die Redewendung: „Jesus, der der Christus genannt wird“ (Matthäus 1,16; Matthäus 27,17.22) setzt die Formel „Christus Jesus“ voraus.

Paulus bedient sich in seinen Briefen oft der Formel „Christus Jesus“. Sie steht meistens ohne Artikel mit Ausnahme in Epheser 3,1 (vgl. Kolosser 2,16; Epheser 3,11). Im 1. Thessalonicherbrief steht die Formel, im Römerbrief ist sie oft, die Pastoralbriefe haben sie 24-mal, der Kolosserbrief hat sie dreimal, der Epheserbrief zehnmal und der Philipperbrief 13-mal.

Der Apostel empfand wohl das Bedürfnis, das Messianische an Jesus besonders zu betonen. „Christus Jesus“ braucht darum nicht nur eine einfache Umkehrung von „Jesus Christus“ zu sein. Der Doppelname „Christus Jesus“ ist gleichbedeutend mit dem einfachen Christus, so bestätigt es der Gebrauch von „Christus“ und von „Christus Jesus“. Es heißt: „Wir sind getauft in Christum Jesum“ (Römer 6,3), und: „Ihr seid in Christum getauft worden“ (Galater 3,27). Es ist zu vergleichen „der Glaube des Christus Jesus“ und der „Glaube Christi Jesu“. Die Gläubigen heißen die des Christi und die des Christi Jesu (Galater 5,24). Die Galater nehmen Paulus wie Christus Jesus auf (Galater 4,14). Der Eckstein des Hauses Gottes ist Christus Jesus (Epheser 2,20). Gott vollzieht das Gericht durch Christus Jesus (Römer 2,16; vgl. Philipper 1,6). Paulus begehrt mit einer Liebesglut nach den Philippern, die Christus Jesus in sich trugen (Philipper 1,8). Er mahnt zu der Gesinnung, die Christus bewiesen hat (Philipper 2,5). Der Apostel spricht sogar von dem Menschen Christus Jesus (1. Timotheus 2,5).

4.) Nur an zwei Stellen kommt der Name „unser Herr Christus“ oder „der Herr Christus“ vor (Römer 16,18; Kolosser 3,24). Es ist eine eigentümliche Zusammenstellung. Sie hebt Jesus über jedes Menschenmaß hinaus. Das ganze Neue Testament kennt sie sonst nicht. In Römer 16,20 wird dieser Name durch „unser Herr Jesus“ abgelöst. Beide Male spricht Paulus von einem Dienst, den man dem Herrn Christus schuldig ist. Paulus bestimmt jedenfalls das Dienstverhältnis der Gläubigen zu Christus dem Herrn, dem sie als Sklaven untergeordnet sind. Die Römerbrief- und die Kolosserbriefstellen sind direkte Parallelen.

5.) Feierliche Namen der Person Jesu sind „der Herr Jesus Christus“ und „unser Herr Jesus Christus“. Die Würdestellung Jesu, den Gläubigen gegenüber, wird volltönend und feierlich zum Ausdruck gebracht. Es liegt gleichsam eine Erhabenheit in dieser Formel. Eine paulinische Eigentümlichkeit ist diese Apposition nicht, denn die beiden Petribriefe, der Jakobusbrief, der Judasbrief und die Offenbarung haben diese feierliche Formel. Paulus bedient sich meistens in den Eingangs- und Schlussgrüßen seiner Briefe dieser Wendung. Diese Bezeichnung tritt vielfach auf, wenn Jesus in Verbindung mit Gott genannt wird, mit Ausnahme in einigen Eingangsgrüßen und Briefeingängen (2. Thessalonicher 1,12; 2. Thessalonicher 2,16; 1. Korinther 6,11; 1. Korinther 15,57; Römer 15,6; Epheser 1,17; Epheser 5,20). Es kommt immer das Heilsmittlerische der Person Jesu dadurch stark zum Ausdruck, selbst da, wo Paulus im Namen des Herrn Jesu Christi gebietet (1. Thessalonicher 3,6.12; 1. Korinther 1,16). Der Apostel spricht dadurch aus, dass ihm Jesus, der erhöhte Herr, immer vor Augen schwebte, der mit dem auf Erden wandelnden identisch ist. Der Herr Jesus Christus ist ihm eine umfassende Einheit des ganzen Christus. Er kam aus dem himmlischen Dasein ins menschliche Fleisch (2. Korinther 8,9). Paulus fordert auf: „Ziehet an den Herrn Jesus Christus“ (Römer 13,14). Es ist von dem Kreuz Christi (Galater 6,12), wie von dem Kreuz unseres Herrn Jesu Christi bei dem Apostel die Rede (Galater 6,14).

6.) Die beiden Namen „Christus Jesus unser Herr“ und „Jesus Christus unser Herr“ sind keine verschiedenen Umkehrungen, sondern als eine Apposition von „ho kyrios“ der Herr aufzufassen. Es sind Näherbestimmungen und Erläuterungen der Namen „Christus Jesus“ und „Jesus Christus“. Die beiden Thessalonicherbriefe und der Galaterbrief haben die erste Formel nicht, Paulus bedient sich erst später mehr des Namens „Christus Jesus“. Beide Formeln haben etwas sehr feierliches. So oft der Apostel „Christus Jesus“ schreibt, will er das Messianische in den Vordergrund rücken. Die Voranstellung von „Jesus“ in Römer 5,25 und Römer 7,25 betont mehr die Heilsvermittlung des Herrn während Seines Erdenlebens. Paulus dachte besonders an Seinen Tod als Tat des Gehorsams und die Darbringung Seines Opfers. In Römer 1,4 schwebte ihm Jesu Durchgang durch die Davidssohnschaft nach dem Fleisch zur Herrlichkeitsstellung vor. Die Berufung in die Lebensgemeinschaft des Sohnes Gottes steht mit dem Geschichtsverlauf der göttlichen Heilsveranstaltung in Verbindung, was die Aufeinanderfolge von „Jesus Christus“ veranlasst (vgl. 1. Korinther 1,9).

II.

1.) Der Messiasgedanke steht mit der Gottessohnschaft Christi in enger Beziehung. Die Apposition „Jesus Christus, Gottes Sohn“ ist keine Zusammensetzung von Synonymen, dass es nur ein wohllautendes Wortgeklingel wäre. Es sind verschiedene Namen des Herrn, die einander ergänzen, die aber nicht verwechselt werden dürfen, sondern zu unterscheiden sind. Das Markusevangelium verkündigt Jesus Christus als Sohn Gottes (Markus 1,1). Er hat Sich als solcher in Seinem Leben und durch Sein Wirken erwiesen, dass Ihn Seine Jünger als Gottes Sohn erkannt und bekannt haben. Petrus, der Wortführer der Jüngerschar bekennt Jesus Christus als den Sohn des lebendigen Gottes (Matthäus 16,16). Die Jünger hatten dem Volk gegenüber die feste Überzeugung voraus, dass Jesus der Christus ist, welche auf der Glaubenserfahrung der Gottessohnschaft beruht. Im Umgang mit Jesus haben sie den lebendigen und lebendig machenden Gott erfahren, wodurch ihnen feststand, dass Jesus der Christus ist. „Jesus Christus, der Sohn Gottes“ ist ein Titel, der das ganze Berufswerk des Herrn umfasst. Dieser Titel ist das Bekenntnis der Gemeinde geworden und geblieben (vgl. Apostelgeschichte 8,37; Apostelgeschichte 9,22; Apostelgeschichte 17,3; Apostelgeschichte 18,28; Johannes 6,69; Johannes 20,31).

Jesus wurde von dem Hohepriester gefragt, ob Er der Messias, der Sohn Gottes sei (Matthäus 26,63). Der Herr bejahte beide Fragen. Aus mehreren Stellen des Matthäusevangeliums (Matthäus 3,17; Matthäus 11,27; Matthäus 14,33; Matthäus 16,16; Matthäus 26,63-66; Matthäus 21,37; Matthäus 22,41-45) geht deutlich hervor, dass „Sohn Gottes“ nicht dasselbe ist wie „der Christus“. Durch „Sohn Gottes“ wird die übernatürliche Herkunft Christi von Gott bezeichnet. Die Gottessohnschaft ist die Voraussetzung der Messianität Jesu. Der Hohepriester erblickt es als eine Gotteslästerung, dass Er sich als „Gottes Sohn“ bekennt.

Nach der Parallelstelle im Markusevangelium fragt der Hohepriester den Herrn: „Bist du der Christus, der Sohn des Hochgelobten?“ (Markus 14,61.) „Der Hochgelobte“ ist eine Umschreibung des Namens Gottes, den die Juden nicht aussprachen. Die beiden Namen „Christus“ und „Sohn Gottes“ werden hier genannt. Im hohepriesterlichen Verhör betrachtete man Jesus als „Mensch“. Der Sinn der Frage war darum, ob Er Sich als „Gottes Erwählter“ ansah, und ob Er erwartete, der „König Israels“ zu werden. Die Ansicht, dass Christus Gottes Sohn ist, entstammt der messianischen Weissagung in Psalm 2. Dort ist die Quelle und der Anlass dafür, dass erwartet wurde, der Messias werde Gottes Sohn werden und sein. Wenn Jesus sich als der Christus offenbarte, musste Er auch den Namen „Sohn Gottes“ führen. Paulus und Petrus betonen auf Grund vom 2. Psalm, dass Jesus durch die Auferstehung und Erhöhung auf den göttlichen Thron „Christus“ und „Sohn Gottes“ genannt wird (Apostelgeschichte 2,34s; Apostelgeschichte 13,33). Jesu Messianität und Gottessohnschaft sind durch die Auferstehung als Wirklichkeit offenbart worden.

2.) Die Benennung „der Christus Gottes, der Auserwählte“ (Lukas 23,35) entspricht dem Sprachgebrauch des Lukas (Lukas 3,26; Lukas 9,20; Apostelgeschichte 4,26). Er ist der Auserkorene und Auserwählte als Messias. Christus wird noch mehrfach als „der Auserwählte“ bezeichnet (vgl. Lukas 9,35; Johannes 1,34). Gottes Wahl und Beschluss ist auf Ihn gefallen. Durch Ihn sollte die messianische Königsherrschaft Wirklichkeit werden. Der göttliche Beschluss dazu war schon vor aller Zeit gefasst.

3.) Von Wichtigkeit ist in diesem Zusammenhang die Frage des Herrn: „Wie sagen die Schriftgelehrten, dass der Christus Davids Sohn ist?“ (Markus 12,35.) Jene Schriftgelehrten hatten ein ganzes Lehrgebäude über den Messias aufgerichtet. Die überirdische Natur des Messias war diesen Gelehrten nicht unbekannt (Matthäus 26,63; Johannes 7,27; Johannes 12,34), der sinnliche Weltmonarch aber, aus Davids Stamm, galt ihnen als Hauptsache. In einem wichtigen Paragraph ihrer Lehranschauung heißt es, dass der Messias ein Nachkomme Davids sein muss. Die weitere Frage des Herrn: „David selbst nennt ihn Herrn, und woher ist er sein Sohn?“ (Markus 12,37), verneint keineswegs die davidische Herkunft Christi (vgl. Römer 1,3; Matthäus 1; Lukas 3) nach dem Fleische. Wenn David Ihn seinen Herrn nannte, so war Er noch mehr als ein davidischer Nachkomme. Jesus ist kein Messias und Sohn Davids im landläufigen und politischen Sinne des jüdischen Volkes. Er hat einen anderen Messiasbegriff. Nach der Prophetie Daniels kommt der Messias vom Himmel herab. Christus ist nicht ein „Sohn Davids“, der auf Grund Seiner Abstammung den Thron Seiner Väter besteigt. Weil der Messias vom Himmel her kommt, wird Er durch Gottes Allmacht auf den Thron Gottes erhoben. Sein Reich ist nicht von dieser Welt.

4.) Jesus wurde, als Er am Kreuze hing, spottweise „Christus, der König Israels“ genannt (Markus 15,32). Die messianische Königswürde ist auch durch die dreisprachige Kreuzesinschrift entwürdigt worden, obgleich sie damit proklamiert wurde. Schon während des Verhörs vor Pilatus erklärte Jesus, dass Er ein König ist, aber von einer völlig anderen Art als jeder weltliche Herrscher (Johannes 18,33-37). Die Frage des Landpflegers und des Herrn Antwort setzen die Anschuldigungen der Juden voraus, Jesus hätte von sich gesagt: „Er sei Christus der König“ (Lukas 23,2). Der Bericht des Evangelisten Johannes ist eine Ergänzung der synoptischen Mitteilungen. Der römische Landpfleger fasste den Messiastitel politisch auf. Jesus lehnte diese Auffassung ab. Die Ansicht dagegen, die ein gläubiger Israelit davon hatte, bestätigte Er. Jesus bekannte sich als Christus oder Messias den Heiden gegenüber. Er ist kein politischer König nach heidnischer Weltanschauung, aber auch kein Messias nach jüdischer Meinung, die aus der missverstandenen Weissagung gefolgert wurde.

5.) Im Neuen Testament heißt der Herr an verschiedenen Stellen der paulinischen Pastoralbriefe und im 2. Petribrief: „Jesus Christus unser Erretter“, oder „Christus Jesus unser Erretter“. Die Zusammenhänge, in welchen dieser Name vorkommt, offenbaren die größten Heilsgüter. Der Name Jesus bezeugt die Menschwerdung des Sohnes Gottes; Christus erinnert an Seine Erhöhung nach der Erniedrigung. Im Stande der Niedrigkeit und Herrlichkeit, was durch „Christus Jesus“ zum Ausdruck kommt, offenbart sich der Herr als unser Heiland.

a.) Paulus verwendet die Apposition „Jesus Christus unser Erretter“ im Zusammenhang mit dem Kernpunkt des Evangeliums (2. Timotheus 1,10). In Sünde verlorene, dem Tode verfallene Menschen werden durch Gottes freie Gnade in Christo errettet. Jesus, der von den Propheten verheißen wurde, erschien in der Fülle der Zeit als Erretter und Heiland (vgl. Lukas 2,11). Dadurch, dass Jesus Leben, Unvergänglichkeit und Unverweslichkeit an das Licht brachte, offenbarte Er sich als Retter und Heiland im herrlichsten Sinne des Wortes.

b.) Der Apostel schließt diese Namensapposition mit in seine Grußworte: „Gnade und Friede von Gott dem Vater und Jesus Christus unserem Erretter (Titus 1,4). Es ist charakteristisch, dass er „Jesus“ nicht „Herr“, sondern „soter“ oder Retter nennt. Möglich ist, dass Paulus dies im Blick auf die Irrlehrer schreibt, die Jesus das Prädikat „Herr“ nicht versagten, aber Seine Heilandswürde nicht achteten. Gott sandte Christus Jesus zur Errettung der Menschen. Nach dem Grußworte ist Er unser Heiland, die Quelle der Gnade und des Friedens.

c.) Im gleichen Briefe erwähnt Paulus die „Herrlichkeit unseres großen Gottes und Heilandes Jesu Christi“ (Titus 2,13). Der Satzkonstruktion entsprechend wird hier die Gottheit Christi ausgesprochen. Gott hat in Christo bewirkt, dass Er Ihn als Opfer für die sündige Menschheit schenkte zu dem Zweck, sich ein Eigentumsvolk zu erwerben, das Er von aller Ungerechtigkeit erlöste und reinigte. Durch die Tat der Erlösung ist Er würdig, unser großer Gott und Heiland genannt zu werden.

Durch Jesum Christum unseren Heiland ist der Geist der Erneuerung reichlich ausgegossen worden (Titus 3,6). Damit ist der Heilige Geist gemeint, dass eine völlige Erneuerung geschehen konnte. Durch die Vermittlung des erhöhten Retters hat Gott den Geist gesandt (vgl. Apostelgeschichte 2,33-37; Apostelgeschichte 10,45; Joel 3,1; Hesekiel 36,25). Der verherrlichte Retter und Heiland vermittelte die Ausgießung des Geistes an Seine Gemeinde, ohne welche keine Sinnesänderung und Rettung eines Einzelnen möglich ist (2. Korinther 1,21; Johannes 15,32). Christus offenbart Sich so dem Einzelnen als Heiland und Retter.

d.) Der 2. Petribrief hat auch diese echt paulinische Namensapposition des Herrn. Es ist hier ein Beweis von vielen, dass Petrus in seiner ganzen Schreibart von Paulus abhängig war. Er bedient sich der Redewendung: „Durch Gerechtigkeit unseres Gottes und Heilandes Jesu Christi“ (2. Petrus 1,1). Dieser Brief spricht fünfmal von der Erkenntnis Gottes und unseres Heilandes (2. Petrus 1,1.3.8; 2. Petrus 2,20; 2. Petrus 3,18). Unser Gott und Heiland hat eine Gerechtigkeit durch Glauben walten lassen. Man will an dieser Stelle die Einheit Gottes und Christi sehen. Das Wichtigste des Ganzen ist, dass Jesus jetzt schon, nicht erst beim Weltgericht als Richter erscheint, wenn es sich um die Zuwendung des grundlegenden Heilsstandes handelt. Er verfügt als höchster Gebieter über das Heil. Jesus Christus ist für Petrus Gott und Retter Seiner Gemeinde.

Der Herr und Heiland Jesus Christus reicht einen reichlichen Eingang in das ewige Königreich dar (2. Petrus 1,11). Ihm ist allein das ewige Reich zuteil geworden. Er hat es darum allein in der Hand, den Seinen einen weiten Eingang in Sein Reich zu verschaffen.

Wie schon erwähnt, ist dem Apostel die Erkenntnis Jesu Christi unseres Erretters von Wichtigkeit. Durch diese Erkenntnis sind die Seinen dem Unflat der Welt entflohen (2. Petrus 2,20). Es ist eine heilsame Erkenntnis, Jesus Christus als Heiland und Erlöser aus der Knechtschaft des Verderbens erkannt und erfahren zu haben.

Die rechte Gottes- und Christuserkenntnis besteht darin, dass Gott in Christo als Retter erkannt wird (vgl. 1. Johannes 2,23). Unser Gott und Heiland ist als Der zu erkennen, der Gerechtigkeit gibt und nach Seiner Gerechtigkeit begnadigt. Petrus mahnt darum, in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi zu wachsen (2. Petrus 3,18). Gnade und Erkenntnis sind hier sinnvoll vereinigt. Im Wachstum dieser Erkenntnis und Gnade wird das Gut des Heils bewahrt.

Wo der Glaube und die Erkenntnis rechter Art sind, werden die Namen „Herr“, „Heiland“, „Jesus“, „Christus“ eine Quelle der Kraft und Gnade. Es ist ein rechtes Heilswerk (Johannes 20,28).

e.) Die Samaritaner bekannten von Jesus, „dass dieser der wahre Retter und Heiland der Welt, der Christus ist“ (Johannes 4,42). Dieser Name steht vielleicht mit dem Ausspruch des Herrn in Beziehung: „Das Heil ist von den Juden“ (Johannes 4,22). Der Ausdruck: „Der Retter der Welt“ ist universalistisch (1. Johannes 4,14; vgl. 1. Timotheus 4,10; Titus 2,10.13). Dieser Universalismus hat seine Wurzeln im Pentateuch, den die Samaritaner besaßen und allein vom ganzen Alten Testament anerkannten. Dort steht die Verheißung an Abraham: „In deinem Namen sollen alle Völker gesegnet werden!“ Der Umgang des Herrn mit der Samariterin am Jakobsbrunnen war dem partikularistischen Dünkel des jüdischen Messianismus geradezu entgegengesetzt. In Samaria, außerhalb der Grenzen Israels, wurde Christus als der Retter der Welt aufgenommen. Sie werden in dieser Beziehung Vorläufer der Gläubigen aus den Heiden. Der Apostel Paulus war auch zu der Erkenntnis gelangt, dass Christus Jesus ein Retter aller Menschen ist, die an Ihn glauben (1. Timotheus 4,10; Titus 2,10.13).

III.

Es sind Genitivverbindungen mit dem Namen „Christus“, „Christus Jesus“, „Jesus Christus“ und „Herr Jesus Christus“ zu erwägen. Dadurch wird angedeutet, was von Jesus ausgeht oder von Ihm verursacht wird und wessen Eigentümer oder Herr Er ist. Mehrfach hat eine solche Genitivverbindung auch den Sinn von dem Inhalt einer Sache. Die zahlreichen Verbindungen mit dem Namen Christi zeigen die Vielseitigkeit Seiner Person und den Reichtum an Heilsgütern, welchen Er den Seinen vermittelt. Wegen der Fülle der Genitive, die mit dem Namen Christi verbunden sind, bietet eine alphabetische Anordnung die beste Übersicht.

1.) Im Angesichte Jesu Christi strahlt die Herrlichkeit Gottes (2. Korinther 4,6). Die Gottesherrlichkeit erscheint im Angesichte Christi sichtbar, weil Er das Abbild des himmlischen Vaters ist. Wer Ihn sieht, sieht den Vater. Diese Herrlichkeit schauten die Jünger schon während Seines Erdenlebens (Johannes 1,16). Er offenbarte durch jedes Zeichen und Wunder Seine Herrlichkeit, wie das Johannesevangelium mehrfach berichtet. Die Herrlichkeit Gottes ist nach alttestamentlicher Vorstellung die Offenbarung Seiner Gegenwart. Im Angesichte Jesu Christi wird die Gegenwart des unsichtbaren Gottes enthüllt. Der höchste Gipfel der Verherrlichung Gottes wird durch den gläubigen Anblick des gottdurchleuchteten Angesichtes Jesu Christi erreicht.

2.) Die Ankunft (parousia) Jesu Christi (1. Korinther 15,23) bezeichnet des Herrn zweites Kommen im Gegensatz zu Seiner ersten Erscheinung auf Erden im Fleische, mit welcher sich das Weltgericht und die Totenauferstehung vollzieht (2. Petrus 3,4.12; vgl. 2. Thessalonicher 2,8).

3.) Ein Apostel Jesu Christi (apostolos) ist ein Abgesandter oder Botschafter, den Christus selbst erwählt und berufen hat (Matthäus 1ss.; Lukas 6,13; Lukas 11,49; Apostelgeschichte 1,26). Paulus wurde persönlich vom Herrn zum Apostel gerufen (Römer 1,1; 1. Korinther 1,1.17; Galater 1,1). Es gab auch Menschen, die sich im falschen Sinne als Apostel Christi ausgaben (vgl. 2. Korinther 11,3).

4.) Die Auferstehung Jesu Christi (anastasis) ist ein Kernpunkt der evangelischen Verkündigung. Der Glaube wäre ohne sie vergeblich (1. Korinther 15,14). Seine Auferstehung ist eine Bürgschaft für unsere Auferstehung. Sie ist darum die Grundlage unserer Auferstehungshoffnung. Er konnte sich deshalb die „Auferstehung“ nennen.

5.) Auserwählte Christi oder Gottes (Römer 8,33) sind von den Berufenen zu unterscheiden, die das Heil wohl angeboten bekommen, aber nicht erfassen. Auserwählte Christi werden des Heils teilhaftig (vgl. Matthäus 22,14; Matthäus 24,31.32). Ihnen wird das künftige Heil zuteil (2. Timotheus 2,10).

6.) Das Ausharren (hypomone) Jesu Christi wird als die Beharrlichkeit und Ausdauer in der Erwartung Seiner Wiederkunft (2. Thessalonicher 3,5; Offenbarung 1,9; Offenbarung 3,10) ausgelegt. Es bedeutet in der Thessalonicherstelle nichts anderes, als die Geduld oder das Ausharren, wie es Jesus bewiesen hat. Eine Erinnerung an ein geduldiges Hoffen auf die Wiederkunft Christi will hier wenig passen. In dieser Schriftstelle sollen die Leser von sich selbst auf den Herrn hingelenkt werden, um sich besonders der Geduld und Beharrlichkeit zu erinnern, die Christus in Seinem ganzen Erdenleben bis in den Tod bewiesen hat. Die Stellen der Offenbarung bezeichnen allerdings das geduldige Warten auf das Kommen Jesu.

7.) Paulus schreibt: „Ich sehne mich nach euch allen in den Barmherzigkeiten Jesu Christi“ (Philipper 1,8). Das urtextliche „en splagchnois Christou Jesou“ heißt wörtlich: „In den Eingeweiden Jesu Christi“. Damit wird die zarteste Liebe und Fürsorge Gottes ausgedrückt (vgl. Jesaja 46,3; Matthäus 9,36; Lukas 1,78). Der Apostel will andeuten, er liebt die Philipper und verlangt nach ihnen mit der innigsten Bewegung des Herzens und der Eingeweide, wie Christus die zärtlichste Liebe gegen sie hegt.

8.) Ein Berufener (kletos) Jesu Christi (Römer 1,6) ist im Unterschied von einem Auserwählten (eklektos) nicht von, sondern zu Ihm gerufen, dass er Ihm angehört.

9.) Die Beschneidung (peritome) Christi besteht im Ausziehen des Fleischesleibes (vgl. Kolosser 2,11.13). Es ist eine Beschneidung nach der heilsgeschichtlichen Bedeutung. Die Beschneidung des Herzens (5. Mose 10,16; 5. Mose 30,6; Jeremia 4,3.4; Römer 2,28.29) ist mit der Beschneidung Christi identisch. An die Beschneidung, die an Christus vollzogen wurde, ist kein Denken, auch nicht an die Taufe. Es ist die Beschneidung, die im Reiche Christi in Übung steht.

10.) Die Besprengung (rhantismos) des Blutes Jesu Christi (1. Petrus 1,2) ist die Zuwendung der Sühne, welche Christus für uns geleistet hat, um durch Sein Blut gereinigt und von der Schuld ledig zu werden.

11.) Das Blut (haima) Jesu Christi wird im Sinne des sühnenden Opfertodes gebraucht, das den Bund zwischen Gott und Mensch besiegelt (Matthäus 26,28; Markus 14,24; Lukas 22,20; 1. Korinther 11,25-27; Hebräer 10,29; Hebräer 13,20). Die Menschen werden dadurch von ihrer Sündenschuld gelöst und ihre Schuld wird gesühnt (Römer 3,25; Epheser 1,7; Kolosser 1,14; 1. Petrus 1,19; Hebräer 9,12). Dieser Sündenerlass und diese Reinigung gilt den Gläubigen (Römer 5,9; 1. Petrus 1,2; 1. Johannes 1,7; Hebräer 9,14; Hebräer 12,24; Offenbarung 1,5; Offenbarung 7,14).

12.) Die Darbringung des Leibes Jesu Christi (Hebräer 10,10) ist das Opfer, das in der Dahingabe Seines Leibes in den Tod als Sündopfer stattfand. Durch die Darbringung (prosphora) Seines Leibes ist die Reinigung und Heiligung zustande gekommen, die Gesamtwirkung des Opfers Christi, die Frucht Seines Kreuzestodes. Die Darbringung Seines bereiteten Leibes (Hebräer 10,5) ist die Erfüllung sämtlicher Tieropfer des Alten Bundes. Der Tod des Herrn wird also als „prosphora“, als das heiligende Opfer bezeichnet. Im Tode Christi hat das Opfer, vor allem die Opferschlachtung ihre Vollendung gefunden.

13.) Diener (diakonos - ein „durch den Staub Gezogener“) Christi sind Beauftragte, die im Auftrage des Herrn fungieren. Christus erklärt dem, der Ihm dient: „Wenn jemand mir dient, folgt er mir, und wo ich bin, daselbst wird auch mein Diener sein“ (Johannes 12,26). Nach dem paulinischen Sprachgebrauch ist ein „Diakonos“ einer, der in zweifacher Beziehung im Dienste der göttlichen Heilsordnung verwandt wird in seinem Verhältnis zu Christus dem Herrn des Heils, der ihm den Dienst aufträgt; und im Verhältnis zu denen, welchen durch seinen Dienst das Heil übermittelt wird (Kolosser 1,7; 1. Timotheus 4,6; vgl. 1. Korinther 3,5).

14.) Ein Diener (leitourgos) Christi nennt sich Paulus, wenn er seinen Dienst mit einem Priesterdienst vergleicht (Römer 15,16). Er bezeichnet sich als „Leitourgos“ im Blick auf Christum, dem Diener oder Pfleger des Heiligen und der wahrhaftigen Hütte. Hierzu vergleiche man die paulinische Aussage: „… sondern wenn ich geopfert werde über dem Opfer und Dienst (leitourgia) eures Glaubens …“ (Philipper 2,17). Der Apostel vergleicht seinen Dienst am Evangelium mit einem Schlachtopfer, das Gott angenehm ist (vgl. Philipper 4,18), seinen Märtyrertod mit einem Trankopfer (2. Timotheus 4,6). Er ist als solcher ein „Liturgos Christi“.

15.) Die Drangsal oder Trübsal (thlispis) des Christus in Kolosser 1,24 wird auf dreifache Art erklärt: 1.) Wird es als die Drangsal aufgefasst, die der Messias erlitten hat. 2.) Nach anderer Auffassung sind die Trübsale gemeint, die der Messias jetzt erleidet. 3.) Sind es die Drangsale, welche die Seinen zu erdulden haben, die in Seinem Dienste stehen oder nach Seinem Willen leben. - Der Wortlaut könnte auf das erste deuten. An eine Ergänzung des Erlösungswerkes Christi wäre dabei nicht zu denken. Verdienstliche Leistungen oder überschüssige Werke und Verdienste stehen der ganzen biblischen und paulinischen Theologie entgegen. Für das genugtuende Leiden Christi steht nie der Ausdruck „Trübsal Christi“. Es könnte ein Leiden sein, das zur Erbauung dient (vgl. Johannes 15,20). Die zweite Deutung wird so formuliert, Christus liebt die Seinen so, dass wenn sie leiden, Er selbst leidet. Während Paulus die Drangsale ertrug, litt Christus sie gleichsam selbst. Diese Auslegung ist nicht stichhaltig. Es müsste dann heißen: „Christus erfüllte Seine Trübsale im Leben des Paulus.“ - Die dritte Erklärung der „Drangsale Christi“ bleibt demnach die richtigste. An Leiden, welche der Herr zu leiden hat, ist allerdings kein Denken. Es sind vielmehr Leiden gemeint, die keinem erspart bleiben, der in Christi Nachfolge steht (vgl. 2. Korinther 1,5; 2. Korinther 4,10; Philipper 3,10). In der Nachfolge Christi ist jedem das bestimmte Maß an Drangsal zugeteilt. Der Apostel sah seine Gefangenschaft als ein Erfüllen der Trübsal des Christus an, weil nach seiner Überzeugung noch ein Rückstand von dem ihm zugeteilten Leidenmaß vorhanden war. Dieser Gedanke passt gut zum ganzen Vers: „Jetzt freue ich mich in den Leiden für euch und ich ergänze das Fehlende der Drangsal des Christus an meinem Fleisch für seinen Leib, welches die Gemeinde ist“ (Kolosser 1,24). Paulus freut sich, das ihm zugedachte Trübsalsteil in der Nachfolge Christi erfüllen zu dürfen, statt nach dem „Warum“ der göttlichen Führung in den Leiden zu fragen.

16.) Die Erscheinung (epiphaneia) Christi bedeutet Seine Offenbarung auf Erden (2. Timotheus 1,10; vgl. 1. Petrus 1,20), im Unterschied zur Apokalypsis - Offenbarung. In den übrigen Stellen des Neuen Testamentes ist die „Epiphaneia“ die Wiederkunft Christi (2. Thessalonicher 2,8; 1. Timotheus 6,14; 2. Timotheus 4,1.8; Titus 2,13).

17.) Das Evangelium (euaggelion) Jesu Christi ist die Frohe Botschaft nach ihrer Herkunft oder ihrem Ursprung (Markus 1,1; Römer 15,19; 1. Korinther 9,12; 2. Korinther 2,12; 2. Korinther 9,13; 2. Korinther 10,14). Das Evangelium der Herrlichkeit Christi ist die Heilsbotschaft nach ihrem Inhalt (2. Korinther 4,4). Man vergleiche hier die sinnverwandte Wendung: „Die Predigt Jesu Christi.“

18.) Die Fülle (pleroma) Christi ist ein Begriff des Überschwänglichen, das sich bis ins Unermessliche und Unendliche steigert. Paulus hoffte, mit einem vollen Maße des Segens Christi nach Rom zu kommen (Römer 15,29). In Christo wohnt die ganze Fülle Gottes (Kolosser 2,8; vgl. Epheser 3,19), alle Fülle der göttlichen Geistesgaben (Kolosser 1,19). Während Seines Standes der Erniedrigung war in Ihm, dem fleischgewordenen Wort die Fülle oder der Reichtum der göttlichen Gnade und Wahrheit (Johannes 1,16), und der Geist Gottes ohne Maß (Johannes 3,33). Die Fülle wohnt ganz besonders nach Seiner Erhöhung in Ihm. Er erfüllt das ganze Weltall (vgl. Epheser 1,23; Epheser 4,9.10). Die Gemeinde, Sein Leib, erfüllt Er mit Seiner persönlichen Gegenwart, damit sie zum vollkommenen Mannesalter der Fülle Christi heranwächst (Epheser 4,13). Die Gemeinde heißt darum „die Fülle des Christus“ (Epheser 1,23).

19.) Die Gabe (dorea) steht oft mit einem explikativen Genitiv in Verbindung, um anzugeben, worin das Geschenk besteht. In Epheser 4,7 heißt es: „Einem jeden aber von uns ist gegeben worden die Gnade nach dem Maße der Gabe des Christus.“ Die uns geschenkte Gnade ist uns durch das Maß zugeteilt, über das Christus verfügt.

20.) Ein Gefangener oder Gefesselter (desmios) Christi Jesu war Paulus, weil ihn die Sache Christi in die Gefangenschaft brachte und dass er darin festgehalten wurde (Epheser 3,1; 2. Timotheus 1,8; Philipper 1,9). Es ist gleichbedeutend mit „der Gebundene im Herrn“ (vgl. Epheser 4,1).

21.) An zwei Stellen ist vom „Geheimnis“ (mysterion) des Christus die Rede (Epheser 3,3; Kolosser 2,3). Es ist die geheime Lehre, welche durch Offenbarung des verborgenen Ratschlusses Gottes in Christus kund wurde. Durch Ihn sind Heilswahrheiten enthüllt worden, die auf göttlicher Offenbarung beruhen.

22.) Gehorsam (hypakoe) Christi (2. Korinther 10,5) bedeutet nach dem Zusammenhang eine Unterwerfung unter den in Christo geoffenbarten Heilswillen Gottes. Die Worte: „eis ten hypakoen tou Christou“ sind zu übersetzen: „In den Gehorsam gegen Christus.“ Er soll allein und mit ganzer Anerkennung zur Geltung gelangen. Eine solche praktische Anerkennung Christi, die ihr Prinzip bis zur letzten Konsequenz durchführt, steht im Gegensatz zur verborgenen und öffentlichen Christuswidrigkeit.

23.) Weil Christus der Inhaber der ganzen Geistesfülle ist, dass jeder Mensch, der den Geist (pneuma) hat, durch Seine Vermittlung in den Geistesbesitz gelangt, heißt der Heilige Geist „der Geist Jesu Christi“ oder „der Geist Christi“ (Philipper 1,19; 1. Petrus 1,11). Der Geist Jesu Christi, der in den Propheten redete, wird von einigen Erklärern als Geistesbesitz des präexistenten Christus gedacht. Andere Ausleger denken an Propheten der Urgemeinde, die durch den Heiligen Geist, der am Pfingsttage ausgegossen wurde, geweissagt haben.

24.) Die Gemeinschaft (koinonia) mit dem Vater und Seinem Sohne Jesus Christus (1. Johannes 1,3) ist eine enge zusammenhängende Verbindung und ein vertrauter Umgang. Diese innige Verbindung wird auch durch Leiden nicht gebrochen, sondern befestigt (Philipper 3,10). Die Gemeinschaft an dem Blute und dem Leibe Christi kommt im Abendmahl zur Darstellung (1. Korinther 10,16). Gott hat die Seinen in die Gemeinschaft Seines Sohnes berufen (1. Korinther 1,9).

25.) Das Gesetz (nomos) Christi (Galater 2,6) ist nach Chrysostomus ein Gesetz der gegenseitigen Ab- und Aushilfe, wie es sich im Leben des organischen Körpers zeigt. Dieses Gesetz waltet auch im Leben der Gemeinde. Das Gesetz Christi steht gegensätzlich zum mosaischen Gesetz. Das heißt nicht, dass ein solcher gesetzlos lebt, er steht nämlich unter dem Gesetz Christi (1. Korinther 9,21). Das Evangelium, die Frohe Botschaft vom Reiche Gottes, enthält nicht allein die Verkündigung von der Gnade und dem Heil, sondern auch Bestimmungen Christi für den Eintritt in das verheißene Reich. Es ist ein neues Gesetz, dessen Beobachtung unser Herr als Richter von den Seinen fordert (vgl. Matthäus 5,20; Matthäus 7,21). Damit ist der Ausdruck „Gesetz Christi“ erklärt.

26.) Der Glaube (pistis) Jesu Christi, von dem in Römer 3,22.26; Galater 2,16.20; Philipper 3,9; Philipper 5; vgl. Galater 3,22; Epheser 3,12; Jakobus 2,1; Offenbarung 3,13; Offenbarung 14,12; die Rede ist, bedeutet, dass Jesus die Urquelle und der Vollender des unerschütterlichen Heilsvertrauens ist. Der Hebräerbrief nennt Ihn den Anfänger und Vollender des Glaubens. Ohne Ihn ist kein Glaube möglich. Der Glaube Jesu Christi ist „der Glaube“ (vgl. Lukas 18,8), wonach der Sohn des Menschen fragt, wenn Er wiederkommt. Die spezielle „pistis tou Christou“ ist als gen. subj., aber nicht als gen. obj. zu fassen, nämlich der „Glaube Jesu Christi“, nicht „der Glaube an Jesum Christum“. Dieser Sinn ist unbedingt tiefer, als es allgemein aufgefasst wird.

27.) Wie die Gesamtgemeinde der Leib Christi und Christus das Haupt dieses Leibes genannt wird, so heißen die Gläubigen Glieder des Leibes (1. Korinther 12,27; Epheser 5,30). Die Leiber der Gläubigen heißen „Glieder des Christus“, weil sie zum Dienste Christi bestimmt sind (1. Korinther 6,15).

28.) Die Gnade (charis) Jesu Christi, die Er in Seiner Barmherzigkeit und in Seiner Erniedrigung durch Seinen Opfertod offenbarte (Römer 5,15; 2. Korinther 8,9; Galater 1,6), vermittelt die Gnade Gottes. Gnade kennzeichnet Gottes Geneigtheit gegen die sündige Menschheit. Es ist Seine freiwillige Liebe, die jeden Rechtsanspruch ausschließt, die aber durch keine Schuld gehindert wird, Sünde zu vergeben. Diese Gnade ist an den Sohn Gottes gebunden, weil sie in Ihm erschienen ist (1. Petrus 1,13). Sie wird darum die Gnade unseres Herrn Jesu Christi genannt (Römer 16,20; 1. Korinther 16,23; 2. Korinther 8,9; 2. Korinther 13,13; Galater 1,6; Galater 6,18; Philipper 4,23; 1. Thessalonicher 5,28; 2. Thessalonicher 3,18; 1. Timotheus 1,14; Philipper 1,29; 2. Petrus 3,18). Die vollständige Formel ist vielfach in den Briefeingängen des Neuen Testamentes zu lesen (vgl. 1. Korinther 1,3; Römer 1,7).

29.) Zu beachten sind die Verbindungen: „Der Gott unseres Herrn Jesu Christi“ (Epheser 1,17), und „Der Gott und der Vater unseres Herrn Jesu Christi“ (Römer 15,6; 2. Korinther 1,3; 2. Korinther 11,31). Gott wird durch Christus der Gott und Vater derer, die an Jesus glauben. Es ist eine heilsgeschichtliche Bezeichnung Gottes im Neuen Testament an Stelle des alttestamentlichen Gottesnamens.

30.) Die Herrlichkeit (doxa) Christi ist in Seinem göttlichen Charakter begründet (Johannes 1,14), sie offenbart sich durch Seine Zeichen (Johannes 2,11). Seine volle Herrlichkeit empfängt Er nach der Erhöhung (Matthäus 19,28; Markus 10,37; Lukas 24,26; 1. Timotheus 3,16). Seine Herrlichkeit zeigt sich nach außen bei Seiner Wiederkunft zum Gericht (Matthäus 16,27). Jesus Christus ist unser Herr der Herrlichkeit (Jakobus 2,1). Wenn diese Herrlichkeit enthüllt wird, gelangen auch die Seinen zur Herrlichkeit, die als Herrlichkeit Gottes bezeichnet wird, weil sie von Gott stammt (Römer 5,2) und als Herrlichkeit Christi (2. Thessalonicher 2,14), weil sie von Christus kommt.

31.) Die Hoffnung (elpis) unseres Herrn Jesu Christi (1. Thessalonicher 1,3) ist ein gen. obj., dass Christus der Gegenstand der Hoffnung ist. Er heißt auch sonst „die Hoffnung“ (Kolosser 1,27; 1. Timotheus 1,1), nicht weil alle unsere Zuversicht auf Ihm ruht, sondern weil durch Seine Wiederkunft und die Offenbarung des Reiches Gottes sich die Herrlichkeitshoffnung erfüllt (Titus 2,13). Beachtenswert ist, dass durch diesen Genitiv das so wichtige Hoffnungselement stark betont wird.

32.) Knecht (doulos) Christi heißt jeder Gläubige, im engeren Sinne ein Verkündiger des Evangeliums. Christus bedient sich ihrer zur Förderung und Ausbreitung der Frohen Botschaft (Römer 1,1; Galater 1,10; Epheser 6,6; Titus 1,1; Judas 1). Ein Knecht (hyperetes) Christi ist ein ausgesprochener Verkündiger des Evangeliums (vgl. Apostelgeschichte 26,16; 1. Korinther 4,1).

33.) Das Königreich (basileia) Christi ist ein Begriff, der andeutet, dass der Messias das Königtum Gottes verwirklicht (Matthäus 16,28; Matthäus 20,21; Lukas 22,29; Lukas 23,42; Epheser 5,5; 2. Timotheus 4,1.18; Hebräer 1,8). Christus richtet vor allem den Heilswillen Gottes aus, woran die neue Ordnung der Dinge gebunden ist. Er ist der Bringer der Gottesherrschaft, worin Seine Messianität aufgeht. In Seiner Person wird Gottes Königswille voll und ganz verwirklicht. Die Verwirklichung der Königsherrschaft Gottes vollzieht sich innerhalb des Weltganzen. Christus fördert durch Sein Reden und Tun die Erkenntnis des göttlichen Königswillens. Seine Worte, das Sein Königreich nicht von dieser Welt ist, erklären, dass sich nicht die gegenwärtige Ordnung der Dinge anschickt, Gottes Herrlichkeit und Ratschluss zu verwirklichen. Sein Königreich entstammt vielmehr der oberen Welt.

34.) Die Kraft (dynamis) Christi offenbart sich besonders als herrliche Königsgewalt bei Seiner Wiederkunft (vgl. Matthäus 24,30; Markus 13,26; Lukas 21,27; 2. Thessalonicher 1,7; 2. Petrus 1,16; Apostelgeschichte 5,12). Sie enthüllt sich als eine göttliche Macht (2. Petrus 1,3). In der Wirksamkeit auf das geistliche Leben der Gemeinde (1. Korinther 5,4), im Einfluss auf die Gemüter (2. Korinther 12,9) kann Christi dynamische Macht wahrgenommen werden. Es ist die Macht, die alles hält und trägt (Hebräer 1,3). Während Seines Erdenlebens zeigte sich diese Kraft in Seinen Zeichen und Wundern (Markus 5,30; Lukas 5,17; Lukas 6,19). Es waren sogar Kräfte, die bei Seinen Zeichen und Wundern vorhanden und wirksam waren (Matthäus 13,54; Matthäus 14,2; Markus 6,14).

35.) Das Kreuz (stauros) Christi ist ein Hinweis auf den Kreuzestod des Herrn (1. Korinther 1,17). Das „Wort vom Kreuz“ bedeutet die erlösende Kraft Seines Kreuzestodes (1. Korinther 1,18). Es gab Menschen, die keine Verfolgung wegen ihres Eintretens für die Überzeugung von der erlösenden Kraft des Kreuzestodes Christi erleiden wollten (vgl. Galater 5,11; Galater 6,12.14; Epheser 2,15; Philipper 3,18). Jesus heißt noch „Christus der Gekreuzigte“.

36.) Der Leib (soma) Christi ist in zweifachem Sinne aufzufassen. Zunächst wird von dem Brechen Seines Leibes gesprochen, was die Dahingabe Seines Lebens bedeutet (vgl. Matthäus 26,26; Markus 14,22; Lukas 22,19; Johannes 2,21). Durch die Dahingabe Seines Leibes hat Er das Opfer für die Erlösung dargebracht (vgl. 1. Korinther 11,24; Hebräer 10,10). Der Leib des Christus ist im übertragenen Sinne die Gemeinschaft der Gläubigen oder Seine Gemeinde. Sie dienen und leben zu einem Zwecke zusammen, wie alle Glieder eines Leibes für einen Zweck bestimmt sind (1. Korinther 10,16; Epheser 1,23; Kolosser 1,24). Christus ist das bestimmende Haupt  Seiner Gemeinde (Epheser 4,15; Epheser 5,23; Kolosser 2,19). In dem einen Leib der Gemeinde wirkt der eine Geist Christi (Epheser 4,4).

37.) Die Leiden (pathema) Christi sind nicht Sein Verhalten, sondern die Leiden, die um Christi willen ertragen werden (2. Korinther 1,5; Philipper 3,10; 1. Petrus 4,13).

38.) Die Wendungen „der Name Jesu Christi“ und „Name Christi“ heben hervor, was Christus auf Erden Seiner Würde nach charakteristisch ist und nach außen hin offenbart. Dieser Gedanke liegt auch in dem hebräischen „schem Jahwe“ - Name Jahwes. Er bezeichnet die Heilsoffenbarung in Christo. An diesen Namen sind alle Vorstellungen und Eigenarten Christi geknüpft. Der Name ist der Grund, auf welchem die Tat oder Wirkung erfolgt; er allein berechtigt zu einer Handlung, er erteilt die Vollmacht und Autorität. Es ist die Redewendung: „Um Seines Namens willen“ zu beachten.

39.) Die Offenbarung (apokalypsis) Jesu Christi kann ein gen. subj. und ein gen. obj. sein. Mehrfach ist eine solche Offenbarung auf Seine Vermittlung, einen besonderen Umgang mit Christus zurückzuführen, dessen Paulus sich gewiss war (2. Korinther 12,1; Galater 1,12; vgl. Offenbarung 1,1). Sie kommt auf ekstasischem oder visionärem Wege zustande. In Römer 16,25 ist von der Enthüllung des Geheimnisses Christi die Rede. Die Offenbarung des Herrn Jesu Christi ist eine Bezeichnung für Seine Wiederkunft, besonders des Jüngsten Tages (1. Korinther 1,7; 2. Thessalonicher 1,7; 1. Petrus 1,7.13; 1. Petrus 4,13).

40.) Die Predigt Christi (kerygma) ist die göttliche Heilsbotschaft oder der Heroldsruf, die Bekanntmachung durch den Herold. Der Gegenstand des Heroldsrufes ist Christus der Gekreuzigte (vgl. Römer 16,25; 1. Korinther 1,21; 2. Timotheus 4,17; Titus 1,3).

41.) Die Rede (rhema) Christi ist die Lehre, welche die Verkündiger des Evangeliums darbieten (Römer 10,17).

42.) Der Reichtum (ploutos) Christi (vgl. Offenbarung 5,12) umfasst die Güter, mit welchen der Messias die Seinen bereichert (Epheser 3,8). Dieser Reichtum ist alles, was Christus zu geben bereit ist. Der Reichtum Christi ist der Überfluss der himmlischen Herrlichkeit nach allen Seiten, im Gegensatz zur Armut der Menschen. Es ist die Fülle Seiner Herrlichkeit, welche Gott in Christo der Gemeinde offenbart, die im Glauben an Christum mit Gott Gemeinschaft hat.

43.) Der Richterstuhl (bema) Christi ist ein erhöhter Ort oder die Schiedsrichtertribüne, auf welcher das Urteil über die Gläubigen gesprochen wird (2. Korinther 5,10). Es ist ein Unterschied zwischen dem großen weißen Thron (Offenbarung 20,10), auf dem das Endgericht stattfindet.

44.) Der Tag unseres Herrn Jesu Christi (1. Korinther 1,8; 2. Korinther 1,14; Philipper 1,6.10) heißt nach dem alttestamentlichen Sprachgebrauch „der Tag des Herrn“, „der Tag Jahwes“ (Apostelgeschichte 2,20; vgl. Jesaja 2,12; Jesaja 13,6.9; Hesekiel 13,5; Hesekiel 30,3; Joel 1,15; Joel 2,1.11; Joel 3,4; Amos 5,18.20; Obadja 15; Zephanja 1,14; Zephanja 2,2). Die Prophetie bezeichnet damit das Endgericht aller Gottesfeindschaft. Der Gott der Offenbarung und der Verheißung gibt diesem Tage Seine Prägung. Für die Gerechten ist es ein Tag der Heimsuchung (Jesaja 10,3; 1. Petrus 1,12), für die Gottlosen ein Tag des Zornes Zephanja 1,15.18; Zephanja 2,2; Jesaja 13,13; Hesekiel 7,19; vgl. Römer 2,5). Es ist der große Tag (Offenbarung 6,17; Offenbarung 16,14; Judas 6; Apostelgeschichte 2,20; Jeremia 30,7; Maleachi 3,23). Das Neue Testament nennt ihn auch den „Tag Gottes“ (2. Petrus 3,12), den „Tag des Gerichts“ (Matthäus 10,15; Matthäus 11,22.24; Matthäus 12,36), den Tag, an welchem Gott richtet (vgl. Römer 2,16), den Tag des großen Gerichtes (Judas 6). Er heißt auch einfach „jener Tag“ (Matthäus 7,22; Lukas 10,12; 2. Thessalonicher 1,10; 2. Timotheus 1,12.18; 2. Timotheus 4,8), oder „der Tag“ (1. Thessalonicher 5,4; 1. Korinther 3,13; Hebräer 10,25), und „der letzte Tag“. Für die Gemeinde Christi ist dieser Tag ein Tag der Erlösung (Epheser 4,30; Lukas 21,28). Christus ist Richter an diesem Tage (Matthäus 7,22). Er vollzieht dann die Auferweckung der Toten (Johannes 6,39.40.44.54) und erscheint in der Herrlichkeit des Vaters (Matthäus 16,27). Dieser Tag heißt darum „der Tag unseres Herrn Jesu Christi“. Es ist noch zu unterscheiden „der Tag des Herrn“, „der Tag Jesu Christi“ und „der Tag des Menschensohnes“. Wenn von dem Tag des Herrn die Rede ist, steht die Weissagungslinie damit in Verbindung, die an den Namen dieses Tages anknüpft. Der Ausdruck: „Tag Jesu Christi“ enthüllt vorwiegend das tröstliche Moment dieses Tages für alle Gläubigen. Die Tage des Menschensohnes (Lukas 17,22.26) sind im Zusammenhang mit Seinem irdischen Leben zu verstehen. Jedenfalls offenbart Jesus an diesem Tage Seine Messianität.

45.) Der Thron (thronos) Christi (Matthäus 19,28; Matthäus 25,31; Offenbarung 3,21; Offenbarung 20,11; Offenbarung 22,3), ist ein Attribut himmlischer Größe, Erhabenheit und Majestät. Christus thront gleichsam als König und Alleinherrscher im Königreiche Gottes.

46.) Die Wahrheit (aletheia) Christi wohnte in Paulus (2. Korinther 11,10). Er war gewürdigt, Christi Wahrheit zu erkennen und sich zu eigen zu machen. Nach der Wahrheit, wie sie bei Christus zu finden ist, hat er gelehrt (vgl. Epheser 4,21).

47.) Das Wort (logos) Christi ist die neutestamentliche Heilsverkündigung (1. Korinther 1,6). Es hat Christus, vor allem Seine Auferstehung zum Inhalt (Apostelgeschichte 4,33; vgl. Kolosser 3,16).

48.) Das Zeugnis (martyrion) Christi ist die neutestamentliche Botschaft (1. Korinther 1,6). Es hat Christus, vor allem auch Seine Auferstehung zum Inhalt (Apostelgeschichte 4,33). Ein solches Zeugnis beruht einerseits auf eigener Erfahrung, und es wird mit dem eigenen Blute besiegelt.

IV.

Die oft wiederkehrende Ausdrucksweise im Neuen Testament „in Christo“, „in Christo Jesu“, „in Christus“ hat wohl der Apostel Paulus geprägt, Johannes bedient sich ziemlich selten dieser Formel. Diese Redewendung fasst gleichsam das ganze Evangelium wie ein Brennpunkt in einer Linse zusammen. Die Zusammenhänge, in welchen die Präposition „in“ (griechisch en oder eis) gebraucht wird, zeigen Gottes Sein in Christus, unser Sein in Christo und Christi Sein in uns.

1.) Paulus und Johannes gestalten ihre Aussagen mit der Redewendung „in Christo“, „in Christo Jesu“ und „im Herrn“ so, dass sie sich innerhalb im Rahmen des göttlichen Heilsrates bewegen. Von einer Spekulation beider Apostel über das Verhältnis zwischen Gott und Christus, die völlig außerhalb des göttlichen Heilswillens liegt, kann keine Rede sein. Sie befassen sich damit, was Gottes Sein in Christo für das Heil der Menschen bedeutet.

Paulus und Johannes bezeugen Gottes Sein in Christo: „Gott war in Christo und versöhnte die Welt mit Ihm selber“ (2. Korinther 5,19; vgl. Johannes 14,10; Johannes 17,21). Christus ist auf der ganzen Erde der einzige Ort, wo Gott mit Seiner Gnadengegenwart wohnt. Vor Seiner Menschheit und Menschwerdung war die Hütte des Zeugnisses und der Tempel die Stätte Seiner Gegenwart. Christus ist in Person der Ort der gnädigen Gegenwart Gottes. Er steht deshalb mit der göttlichen Gegenwart im Alten Bunde in Verbindung. Gott offenbarte Sich den alttestamentlichen Gläubigen auf Ihn hin (vgl. Römer 3,25). Die Heilsgeschichte Gottes strebt zu Ihm hin. Er ist ihr Ziel, in Ihm wird sie erfüllt und vollendet. Die Decke, die über dem Alten Testament lag, ist aufgehoben (2. Korinther 3,14). Der abrahamitische Segen ist in Christo von Israel zu allen Völkern gelangt (Galater 3,14; Epheser 3,6).

Christus ist das Zentrum des Neuen Testamentes. Sämtliche Worte, die sich um die Redewendung „in Christo“ gruppieren, sind vereinigte Strahlen um diesen Mittelpunkt, die von hier aus wieder allseitig ausstrahlen. „Gott hat uns begnadigt in dem Geliebten“ (Epheser 1,16). Er hat uns in Christo verziehen (Epheser 4,32). Es ist uns gezeigt worden der überschwängliche Reichtum Seiner Gnade in Christo (Epheser 2,7; 1. Korinther 1,4s.; 2. Timotheus 2,1.10). Wir werden ohne Verdienst gerecht aus Seiner Gnade durch die Erlösung, die in Christo Jesu geschehen ist (Römer 3,24; 2. Korinther 5,21; Galater 2,17; Epheser 1,7.11; Kolosser 3,14). In Ihm ist unser Friede (Johannes 16,6.33). Von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, kann uns nichts scheiden (Römer 8,39). Gott hat uns in Ihm erwählt (Epheser 1,4.9; Epheser 3,11; Römer 16,13). Er beruft uns in Christo Jesu (Philipper 3,14; 1. Petrus 1,3). Wir haben in Ihm das Wort der Wahrheit gehört (Epheser 1,13). Gott hat uns in Christo Jesu mitauferweckt und unter die Himmlischen versetzt (Epheser 2,6). In Christo Jesu unserem Herrn haben wir ewiges Leben (Römer 6,23; 2. Timotheus 1,1). Wir werden alle in der Auferstehung in Christo lebendig gemacht (1. Korinther 15,22).

Christus ist der Ort der göttlichen Gnadengegenwart und der Quell des ewigen Lebens. Aus Ihm strömen Gottes Kräfte, die neues Leben wirken. Das Gesetz des Geistes, das in Christo Jesu lebendig macht (Römer 8,2), steht gegensätzlich zum Gesetz der Sünde und des Todes. Gottes Wille ist in Christo Jesu Wirklichkeit (1. Thessalonicher 5,18), in Ihm ist die Wahrheit (Epheser 4,21). Begnadigte Sünder sind Geheiligte in Christo Jesu (1. Korinther 1,3; Philipper 1,1), sie sind in Christo Jesu zu guten Werken geschaffen (Epheser 2,10). Gott schenkt zu jeder Zeit die Überwindung in Christo (2. Korinther 2,14). In Christo Jesu haben wir allen menschlichen Satzungen gegenüber die Freiheit (Galater 2,4).

2.) Was Christus für uns vor Gott getan hat, und was wir durch Ihn von Gott empfangen, wird durch die Präposition „für“ (hyper) und „durch“ (dia) ausgedrückt. Die Präposition „in“ (en) kennzeichnet dagegen den Zusammenhang oder die Verbindung, die wir mit Christus haben. Dieses Verbundensein wird doppelseitig entfaltet, Christus in uns und wir in Ihm.

Die Formel „Christus in uns“ ist selten, aber beachtenswert. Paulus fragt: „Erkennet ihr euch selbst nicht, dass ihr in Jesus Christus seid?“ (2. Korinther 13,5.) „Christus in euch“ schreibt Paulus, hat zur Folge, dass der Geist der Gerechtigkeit wegen lebt (Römer 8,10). Christus in uns ist die Hoffnung der Herrlichkeit (Kolosser 1,27). Der Apostel bekennt: „Christus lebt in mir“ (Galater 2,20).

Vielfach wird ausgesprochen, dass wir „in Christo“ sind. „Von ihm kommt es, dass ihr in Christo Jesu seid“ (vgl. 1. Korinther 1,30; Römer 8,1; Römer 16,11; 2. Korinther 5,17). Johannes führt die gleiche Sprache, indem er schreibt: „Wir sind in dem Wahrhaftigen in seinem Sohne Jesus Christus“ (1. Johannes 5,20; 1. Johannes 2,5; Johannes 14,20).

Es gibt nach der Schrift die Möglichkeit, dass Menschen mit Christus in Verbindung stehen, was durch die Redewendung ausgedrückt wird, wir sind „in Christo Jesu“. Wer in Ihm ist, ist das mit seiner ganzen Person. Eine Unmöglichkeit ist es dann, dass nur Einzelgebiete unseres Lebens mit Ihm verbunden sind, etwa unser Wollen und Tun. „In Ihm“ sein heißt, unser ganzes Dasein, das ganze Leben und Sterben ist mit Ihm verbunden. Sämtliche Lebensfunktionen geschehen in Christo. Das Grüßen (Römer 16,8.22; 1. Korinther 16,19), die Freude (Philipper 3,1; Philipper 4,4.10), das Reden (Römer 9,1; 2. Korinther 2,17; 2. Korinther 12,19; Epheser 4,17), das Heiraten (1. Korinther 7,39), das eheliche Leben (Kolosser 3,18), der Kindersegen und der Kindergehorsam gegen die Eltern (Epheser 6,1; Kolosser 3,20), die Gastfreundschaft (Römer 16,2; Philipper 2,29), die Mühe des Lebens (1. Korinther 15,58; Römer 16,12), sogar das Sterben (1. Korinther 15,18; 1. Thessalonicher 4,16; Offenbarung 14,13) geschieht in Christo.

Paulus war sich bewusst, dass sein ganzer Missionsdienst in Christo geschah. Er schrieb von seinen Wegen „die in Christo sind“ (1. Korinther 4,17), von seinen „Banden in Christo“ (Philipper 1,13; Epheser 4,1), von seinen Mitgefangenen „in dem Herrn“ (Römer 16,7; Philipper 2,30). Der Apostel wusste sich selbst „in Christo“ (2. Korinther 12,2). Herzen und Sinne seiner Gemeinde in Philippi wusste er „in Ihm“ (Philipper 4,7). „In Ihm“ war er gewiss (Römer 14,14), „in Ihm“ hatte er Vertrauen zu den Gemeinden (Galater 5,10; 2. Thessalonicher 3,4; Philipper 2,24). Paulus hatte große Freudigkeit „in Ihm“ (Epheser 3,12), er rühmte sich „in Ihm“ (Römer 15,17; 1. Korinther 15,31). „In Ihm“ wurde ihm eine Türe in Troas aufgetan (2. Korinther 2,12). „In Ihm“ zeugte er die Gemeinde zu Korinth (1. Korinther 4,15) als junge Kinder „in Christo“ (1. Korinther 3,1), als ein Werk „in dem Herrn“ (1. Korinther 9,1). Die Epheser waren ihm „in Christo“ nahe geworden (Epheser 2,13). Er schreibt darum von seinem lieben und getreuen Sohn, Bruder oder Mithelfer „in dem Herrn“ (1. Korinther 3,17; Epheser 6,21; Philipper 1,14; Kolosser 1,2; Römer 16,3.9) und von Vorstehern „in dem Herrn“ (1. Thessalonicher 5,12).

Weil es ein Sein „in Christus“ gibt, ist es sinnvoll, von einem Wandel „in Christo“ zu sprechen (Kolosser 2,6; 1. Petrus 3,16). Nach paulinischer Ansicht gibt es eine Bewährung „in Ihm“ (Römer 16,10), ein Feststehen „in Ihm“ (Philipper 4,1; 1. Thessalonicher 3,8), ein Starksein „in Ihm“ (Epheser 6,10). Paulus war mächtig gemacht „in dem Christus“ (Philipper 4,13). Der Apostel schreibt von einer Klugheit „in Christo“ (1. Korinther 4,10), von einer Ermahnung „in Ihm“ (1. Thessalonicher 4,1; 2. Thessalonicher 3,2), von einem Sichrühmen „in Ihm“ (Philipper 1,26) und einem Lichtsein „in Ihm“ (Epheser 5,8). Paulus schreibt darum nicht nur von einem Glauben an Christus, sondern auch von einem Glauben in Christo Jesu (Kolosser 1,4; 1. Timotheus 3,13; 2. Timotheus 3,15; Apostelgeschichte 13,39). Es ist vom Glauben, der Liebe (2. Timotheus 1,13; 1. Timotheus 1,14; Galater 5,6), von der Vollkommenheit (Kolosser 1,28; Kolosser 2,19), von der Beschneidung „in Ihm“ (Kolosser 2,11) und von dem Empfang des Dienstes „in dem Herrn“ (Kolosser 4,17) die Rede. Paulus sieht einzelne Glieder der Gemeinde und ganze Gemeinden „in Christo“. Eine Gemeinde ist keine mir und dir nichts zusammengewürfelte Masse von Menschen, sondern ein Organismus wie ein Leib, der viele Glieder hat. Die vielen Glieder sind ein Leib „in Christo“ (Römer 12,5; Galater 3,28). Die Gemeinde wächst zu einem heiligen Tempel „in dem Herrn“ (Epheser 2,21). Paulus grüßt die Thessalonicher als eine Gemeinde in Gott, dem Vater und dem Herrn Jesus Christus (1. Thessalonicher 1,1). Er redet von den Gemeinden Judäas „in Christo“ (Galater 1,22; 1. Thessalonicher 2,14). Von der Gemeinde aus weitet sich der Blick des Apostels auf die ganze Schöpfung. „In Ihm“ ist alles geschaffen (Kolosser 1,16). Alles ist „in Christo“ zusammengefasst (Epheser 1,10).

3.) Der Sinn der vorkommenden Formel „in Christo“ wird vielfach missverstanden. Oft glaubt man, der Gläubige gehe in Christus unter, wie ein Strom ins Meer ausmündet, dass er „in Ihm“ Name und Gestalt verliert. Das ganze Neue Testament weiß nichts von einem mystischen Glauben, dass der Mensch zuletzt mit Gott eins oder identisch wird. Das Sein „in Christo“ hebt die Grenze zwischen Ihm und dem Menschen nicht auf; Er steht den Seinen als ihr Herr gegenüber, die Gläubigen stehen Ihm als die Verantwortlichen gegenüber. Diese aufgerichtete Grenze liegt in den Paulusworten: „Ich lebe aber, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir; denn was ich jetzt lebe im Fleische, das lebe ich im Glauben des Sohnes Gottes“ (Galater 2,20). Er wird nicht Christus, sondern bleibt Fleisch, sein Ich lebt weiter. Die Grenze bleibt.

Nach einem anderen Missverständnis soll das Sein „in Christus“ bedeuten, dass das Denken auf Ihn gerichtet wird und Seine Grundsätze ins Wollen aufgenommen werden. Seine Lehre soll angenommen und Sein Vorbild nachgeahmt werden. „In Christo“ heißt soviel wie „im Heerlager Christi“, im Reiche Gottes sein. Paulus und Johannes reden oft von der Nachfolge Christi, sie benutzen aber für diese Verbindung mit Christo nie die Präposition „in“. Wenn beide von der Nachfolge Christi schreiben, gebrauchen sie andere Ausdrucksweisen. Die Präposition „in“ darf darum nicht mit „durch“, „wegen“ oder „an“ gleichgesetzt werden.

Ein drittes Missverständnis ist die räumlich-lokale Auffassung. Die Präposition „in“ ist allerdings immer lokal gemeint. Es wird die Ansicht vertreten, Christus wäre eine Art Fluidum, in welchem der Gläubige lebt. Diese Auffassung findet man in den Worten bestätigt, dass die Gläubigen Christum angezogen haben (Galater 3,27; Römer 13,14). Sie wären dann in Ihm wie der Körper im Kleid, oder wie der Vogel in der Luft.

Diese räumlich-lokale Auffassung von „in Christo“ scheitert an den Parallelausdrücken „in Adam“, „im Fleisch“ und „im Geist“. Diese vier Ausdrucksweisen haben einen neuen, überräumlichen Sinn. Mit diesem „in“ kommt ein zweites Sein zum Ausdruck, das von unserem räumlich-lokalen Sein völlig unabhängig ist. Wer mit seinem ganzen Herzen anderswo ist, wo er körperlich weilt, weiß um dieses überräumliche Sein. Es liegt in den Worten: „Wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz!“ (Matthäus 6,21.) Ein Gläubiger kann in tiefem Herzensgrunde an einem ganz anderen Orte sein als dort, wo er räumlich-lokal lebt, er ist in Christo.

Dieses nicht räumliche Sein in Christo lässt sich nur durch eine räumliche Ausdrucksweise erklären. Unser Denken und Wollen ist auf Christus gerichtet, wir sind auf diese Weise „in Ihm“. Sämtliche Lebensfunktionen sind von „Ihm“ aus orientiert, die Arbeit im Berufe, das Leben in der Familie, der Kampf des Lebens, die Leiden, die Freude, die Traurigkeit, das Leben und das Sterben, das alles geschieht „in Christo“. Diese überräumliche Gemeinschaft mit Christus wird noch durch Bilder veranschaulicht. Johannes zeigt diese Verbindung durch das Bild vom Weinstock, an dem die Reben sind (Johannes 15,1ss.). Paulus veranschaulicht diese Gemeinschaft durch das Bild des Leibes, an welchem wir Glieder sind (1. Korinther 12,12s; Römer 12,4s.). Beide Bilder erklären, dass unser ganzer Mensch mit Christus verbunden ist, dass unsere Lebensfunktionen „in Ihm“ geschehen. Wir glauben darum nicht nur „an“ Ihn sondern auch „in“ Ihm. Der Gläubige wandelt Ihm nicht allein nach, sondern wandelt auch „in“ Ihm. Wir leiden in Ihm, sind schwach und stark in Christo. Wir sind ein Licht „in Ihm“, wir sterben „in Ihm“ und werden „in Ihm“ auferweckt.

Abraham Meister "Namen des Ewigen"

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