Mittwoch, 7. August 2019

Worte

"Gewiß, Durchlaucht, das Wort ist die Hauptsache. Das Wort ist das Wunder; es läßt uns lachen und weinen, es erhebt uns und demütigt uns, es macht uns krank und macht uns gesund. Ja es gibt uns erst das wahre Leben hier und dort. Und dies letzte höchste Wort, das haben wir in der Bibel. Daher nehm ich's. Und wenn ich manches Wort nicht verstehe, wie wir die Sterne nicht verstehn, so haben wir dafür die Deuter.

Und", fuhr Dubslav fort,"ich muß es wiederholen, genauso wie mit dem Leib, so auch mit der Seele. Wenn sich meine arme Seele ängstigt, dann nehm ich mir Trost und Hilfe, so gut ich sie gerade finden kann. Und dabei denk ich dann, der nächste Trost ist der beste. Den hat man am schnellsten, und wer schnell gibt, der gibt doppelt. Eigentlich muß man es lateinisch sagen. Ich rufe mir Sponholz, weil ich ihn, wenn benötigt, in ziemlicher Nähe habe; den andern aber, den Arzt für die Seele, den hab ich glücklicherweise noch näher und brauche nicht mal nach Gransee hineinzuschicken. Alle Worte, die von Herzen kommen, sind gute Worte, und wenn sie mir helfen (und sie helfen mir), so frag ich nicht viel danach, ob es sogenannte ›richtige‹ Worte sind oder nicht."

Fontane, Der Stechlin